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Fundamentals of Piano Practice

© Copyright 1991, 1994, 1999, 2001-2003. Kein Teil der nachfolgenden Dokumente/ Seiten darf ohne die Namen des Autors
Chuan C. Chang und des Übersetzers Edgar Lins sowie dieses Copyrightvermerks heruntergeladen oder vervielfältigt werden.

Stimmen des Klaviers

Mathematische Behandlung


Mathematische Behandlung
In Tabelle 2.2a sind drei Oktaven in der "A, H, C"-Notation aufgeführt. Die schwarzen Tasten des Klaviers werden mit Kreuzen dargestellt, z.B. steht das # rechts von C für ein C#, und ist nur bei der höchsten Oktave ausgewiesen. Jede aufeinanderfolgende Frequenzänderung in der chromatischen Tonleiter wird ein Halbton genannt, und eine Oktave besteht aus 12 Halbtönen. Die Hauptintervalle und die Ganzzahlen, die die Frequenzverhältnisse dieser Intervalle repräsentieren, sind jeweils oberhalb und unterhalb der chromatischen Tonleiter aufgeführt. Das Wort Intervall wird hierbei im Sinne von zwei Noten benutzt, deren Frequenzverhältnis der Quotient kleiner ganzer Zahlen ist. Außer für Vielfache dieser Grundintervalle erzeugen Ganzzahlen, die größer als ungefähr 10 sind, Intervalle, die für das Ohr nicht einfach zu erkennen sind. Gemäß Tabelle 2.2a ist der grundlegendste Intervall die Oktave, bei der die Frequenz der höheren Note das Doppelte der Frequenz der tieferen Note ist. Der Intervall zwischen C und G ist eine Quinte und die Frequenzen von C und G stehen in einem Verhältnis von 2 zu 3 zueinander. Die große Terz hat vier Halbtöne und die kleine Terz hat drei. Die Zahl, die jedem Intervall zugeordnet ist, z.B. vier in der Quarte, ist bei der C-Dur-Tonleiter die Zahl der weißen Tasten inkl. der beiden Tasten am Anfang und Ende des Intervalls und hat keine weitere mathematische Bedeutung. Beachten Sie, daß das Wort "Tonleiter" bzw. "Skala" in "chromatische Tonleiter", "C-Dur-Tonleiter" und "logarithmische oder Frequenz-Skala" (s.u.) eine völlig unterschiedliche Bedeutung hat; die zweite ist eine Untermenge der ersten.

Oktave Quinte Quarte Gr.Terz Kl.Terz
CDEFGAH C D E F G A H C # D # E F # G # A # H C
1 2 3 4 5 6 8
(Frequenzverhältnisse der Intervalle in der chromatischen Tonleiter)


Wir können oben sehen, daß eine Quarte und eine Quinte sich zu einer Oktave "aufaddieren" und eine große Terz und eine kleine Terz sich zu einer Quinte "aufaddieren". Beachten Sie, daß diese Addition im logarithmischen Raum erfolgt wie unten erklärt wird. Die fehlende Ganzzahl 7 wird ebenfalls unten erklärt.

Die gleichschwebend temperierte (ET) chromatische Tonleiter besteht aus "gleichen" Halbtonschritten für jede nachfolgende Note. Sie sind in dem Sinne gleich, daß das Verhältnis der Frequenzen von zwei aufeinanderfolgenden Noten immer das gleiche ist. Diese Eigenschaft stellt sicher, daß jede Note (außer in der Tonhöhe) mit allen anderen identisch ist. Diese Gleichförmigkeit der Noten gestattet es dem Komponisten oder Künstler, jede Tonhöhe und jede Tonart zu benutzen, ohne auf Dissonanzen zu treffen, wie unten weiter erklärt wird. In einer Oktave einer ET-Tonleiter gibt es 12 gleiche Halbtöne und jede Oktave ist ein genauer Faktor von 2 im Frequenzverhältnis. Deshalb beträgt die Frequenzänderung für jeden Halbton:

Halbtonschritt12 = 2 oder Halbtonschritt = 21/12 [= 12. Wurzel aus 2] = 1,05946

(Gleichung 2.1)
Gleichung 2.1 definiert die ET chromatische Tonleiter und erlaubt die Berechnung der Frequenzverhältnisse von "Intervallen" in dieser Tonleiter. Wie verhalten sich die "Intervalle" bei ET zu den Frequenzverhältnissen der reinen Intervalle? Der Vergleich ist in Tabelle 2.2b aufgeführt und zeigt, daß die Intervalle der ET-Tonleiter den reinen Intervallen sehr nah kommen.

Intervall Freq.-Verh. ET-Tonleiter Differenz
Kleine Terz 6/5 = 1,2000 Halbtonschritt3 = 1,1892 +0,0108
Große Terz 5/4 = 1,2500 Halbtonschritt4 = 1,2599 -0,0099
Quarte 4/3 = 1,3333 Halbtonschritt5 = 1,3348 -0,0015
Quinte 3/2 = 1,5000 Halbtonschritt7 = 1,4983 +0,0017
Oktave 2/1 = 2,0000 Halbtonschritt12 = 2,0000 0,0000
(Vergleich der reinen Intervalle mit der gleichschwebend temperierten Tonleiter)

Die Abweichung ist bei den Terzen am größten, mehr als fünfmal so groß wie die Abweichung bei den anderen Intervallen aber trotzdem nur ungefähr 1%. Nichtsdestoweniger sind diese Abweichungen leicht zu hören, und einige Klavierliebhaber haben sie großmütig als "die rollenden Terzen" tituliert, während sie in Wahrheit inakzeptable Dissonanzen sind. Es ist ein Mangel, mit dem wir leben müssen, wenn wir die ET-Tonleiter akzeptieren wollen. Die Abweichungen bei den Quarten und Quinten erzeugen um das mittlere C Schwebungen von ungefähr 1 Hz, was bei den meisten Musikstücken kaum zu hören ist; diese Schwebungsfrequenz verdoppelt sich jedoch mit jeder höheren Oktave.

Wäre die Ganzzahl 7 in der Tabelle aufgenommen worden, hätte sie einen Intervall mit dem Verhältnis 7/6 repräsentiert und würde dem Quadrat eines Halbtonschritts entsprechen. Die Abweichung zwischen diesen beiden Zahlen beträgt mehr als 4% und ist zu groß, um einen musikalisch akzeptablen Intervall zu bilden und wurde deshalb nicht in Tabelle 2.2a aufgeführt. Es ist nur ein mathematischer Zufall, daß die aus 12 Tönen bestehende chromatische Tonleiter so viele Verhältnisse nahe an den reinen Intervallen erzeugt. Von den 8 kleinsten Ganzzahlen führt nur die Zahl 7 zu einem völlig inakzeptablen Intervall. Die chromatische Tonleiter basiert auf einem glücklichen mathematischen Zufall der Natur! Sie wird durch die kleinste Anzahl von Noten gebildet, die die maximale Anzahl von Intervallen ergeben. Kein Wunder, daß frühe Zivilisationen glaubten, es sei etwas magisches an dieser Tonleiter. Die Zahl der Noten in einer Oktave zu erhöhen, führt zu keiner großen Verbesserung der Intervalle, bis die Zahlen sehr groß werden, was diesen Ansatz für die meisten Musikinstrumente undurchführbar macht.

Beachten Sie, daß die Frequenzverhältnisse der Quarten und Quinten sich nicht zu dem der Oktave aufaddieren (1,5000 + 1,3333 = 2,8333 statt 2,0000). Sie addieren sich allerdings im logarithmischen Maßstab, weil (3/2)x(4/3) = 2. Im logarithmischen Raum wird die Multiplikation zur Addition. Warum ist das so wichtig? Weil die Geometrie der Cochlea (Ohrschnecke) anscheinend eine logarithmische Komponente hat. Akustische Frequenzen auf einer logarithmischen Skala wahrzunehmen erreicht zwei Dinge: man kann bei gegebener Größe der Cochlea einen breiteren Frequenzbereich hören, und das Analysieren der Frequenzverhältnisse wird einfach, weil man anstatt die zwei Frequenzen zu dividieren oder multiplizieren nur ihre Logarithmen subtrahieren oder addieren muß. Wenn z.B. das C3 von der Cochlea an einer Stelle erkannt wird und das C4 an einer anderen Stelle, die 2 mm weiter aufwärts liegt, dann wird das C5 an einer Stelle erkannt, die 4 mm aufwärts liegt, genau wie bei einem Rechenschieber. Um zu zeigen, wie nützlich das ist: bei einem gegebenen F5 weiß das Gehirn, daß das F4 2 mm weiter unten zu finden ist! Deshalb sind Intervalle (erinnern Sie sich daran, daß Intervalle Divisionen von Frequenzen sind) von einer logarithmisch aufgebauten Cochlea einfach zu analysieren. Wenn wir Intervalle spielen, üben wir mathematische Operationen im logarithmischen Raum auf einem mechanischen Computer genannt Klavier aus, ähnlich wie es früher mit dem Rechenschieber getan wurde. Deshalb hat die logarithmische Natur der chromatischen Tonleiter viel mehr Konsequenzen als nur einen größeren hörbaren Frequenzbereich zur Verfügung zu stellen. Die logarithmische Skala stellt sicher, daß die beiden Noten jedes Intervalls, unabhängig davon wo man sich auf dem Klavier befindet, immer denselben Abstand voneinander haben. Durch die Übernahme einer logarithmischen Skala wird die Tastatur mechanisch auf das menschliche Ohr abgebildet! Das ist wahrscheinlich der Grund, warum Harmonien für das Ohr so angenehm sind - Harmonien werden durch das menschliche Gehör am leichtesten entschlüsselt und erinnert.

Angenommen, wir würden Gleichung 2.1 nicht kennen; können wir die ET chromatische Tonleiter aus den Beziehungen der Intervalle erzeugen? Wenn die Antwort ja ist, kann ein Klavierstimmer ein Klavier stimmen ohne Berechnungen durchführen zu müssen. Diese Intervall-Beziehungen, so stellt sich heraus, bestimmen die Frequenzen aller Noten der 12-notigen chromatischen Tonleiter. Eine Temperatur ist eine Gruppe von Intervall-Beziehungen, die diese Bestimmung ermöglicht. Von einem musikalischen Standpunkt aus gibt es nicht nur eine einzige "chromatische Tonleiter", die besser wäre als alle anderen, obwohl ET die einmalige Eigenschaft hat, daß sie ein freies Transponieren erlaubt. Unnötig zu sagen, daß ET nicht die einzige musikalisch nützliche Temperatur ist, und wir werden unten weitere Temperaturen besprechen. Die Temperatur ist keine Option sondern eine Notwendigkeit; wir müssen eine Temperatur wählen, um diese mathematischen Schwierigkeiten zu überwinden. Kein musikalisches Instrument, das auf der chromatischen Tonleiter basiert, ist völlig frei von Temperatur. So müssen z.B. die Löcher eines Blasinstruments und die Bünde der Gitarre für eine bestimmte temperierte Tonleiter in einem entsprechenden Abstand angeordnet sein. Die Geige ist ein ziemlich cleveres Instrument, weil es alle Probleme mit der Temperatur dadurch vermeidet, daß die leeren Saiten zueinander einen Abstand von einer Quinte haben. Wenn man die A(440)-Saite richtig stimmt und alle anderen Saiten dazu in Quinten, dann sind die anderen rein und nicht temperiert. Man kann Probleme mit der Temperatur auch vermeiden, indem man alle Noten mit Ausnahme des A(440) greift. Außerdem ist das Vibrato größer als die Korrekturen der Temperatur, was die Differenzen der Temperatur unhörbar werden läßt.

Die Erfordernis für das Temperieren entsteht, weil eine chromatische Tonleiter, die auf eine Tonart gestimmt ist (z.B. C-Dur mit reinen Intervallen), in anderen Tonarten keine akzeptablen Intervalle erzeugt. Wenn man eine Komposition in C-Dur - mit vielen reinen Intervallen - geschrieben hat und sie dann transponiert, kann das zu schrecklichen Dissonanzen führen. Es gibt ein noch grundlegenderes Problem. Reine Intervalle in einer Tonart erzeugen auch Dissonanzen in anderen Tonarten, die im selben Musikstück benutzt werden. Die Temperierschemata wurden deshalb dafür entwickelt diese Dissonanzen zu minimieren, indem man die Verstimmung der reinen Intervalle bei den wichtigsten Intervallen minimierte und die größten Dissonanzen in die weniger benutzten Intervalle verschob. Die zum schlimmsten Intervall gehörende Dissonanz wurde "Wolfsquinte" genannt.

Das Hauptproblem ist natürlich die Intervallreinheit; die obige Diskussion macht klar, daß egal was man tut, irgendwo eine Dissonanz auftreten wird. Es mag für manche ein Schock sein, daß das Klavier im Grunde ein unvollkommenes Instrument ist! Wir werden deshalb in jeder Tonleiter immer mit einigen Kompromissen bei den Intervallen leben müssen.

Der Name "chromatische Tonleiter" wird im allgemeinen auf jede 12-notige Tonleiter mit beliebiger Temperatur angewandt. Natürlich erlaubt die chromatische Tonleiter des Klaviers nicht die Benutzung von Frequenzen zwischen den Noten (wie man das bei der Geige tun kann), so daß es eine unendliche Zahl fehlender Noten gibt. In diesem Sinne ist die chromatische Tonleiter unvollständig. Nichtsdestoweniger ist die 12-notige Tonleiter für die meisten musikalischen Anwendungen genügend vollständig. Die Situation ist einer digitalen Fotografie analog. Wenn die Auflösung ausreichend ist, kann man den Unterschied zwischen einem digitalen Foto und einem analogen Foto mit viel höherer Informationsdichte nicht sehen. Ähnlich hat die 12-notige Tonleiter offenbar für eine genügend große Anzahl musikalischer Anwendungen eine ausreichende Auflösung in der Tonhöhe. Diese 12-notige Tonleiter ist für ein bestimmtes Instrument oder musikalisches Notationssystem mit begrenzter Zahl zur Verfügung stehender Noten ein guter Kompromiß zwischen "mehr Noten je Oktave für eine größere Vollständigkeit haben" und "genug Frequenzbereich haben, um den Bereich des menschlichen Gehörs abzudecken".

Es gibt eine fruchtbare Debatte darüber, welche Temperatur musikalisch gesehen am besten ist. ET war von der frühesten Geschichte des Temperierens an bekannt. Es hat definitiv Vorteile, auf eine Temperatur zu standardisieren, aber das ist wahrscheinlich nicht möglich oder sogar nicht wünschenswert hinsichtlich der Unterschiedlichkeit der Meinungen über Musik und der Tatsache, daß viel der zur Zeit existierenden Musik mit dem Gedanken an eine bestimmte Temperatur geschrieben wurde. Deshalb werden wir nun die verschiedenen Temperaturen erforschen.


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