Fundamentals of Piano Practice
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Stimmen des Klaviers
Mathematische Behandlung
Mathematische Behandlung
In Tabelle 2.2a sind drei Oktaven in der "A, H, C"-Notation
aufgeführt. Die schwarzen Tasten des Klaviers werden mit Kreuzen
dargestellt, z.B. steht das # rechts von C für ein C#, und ist nur
bei der höchsten Oktave ausgewiesen. Jede aufeinanderfolgende Frequenzänderung
in der chromatischen Tonleiter wird ein Halbton genannt, und eine Oktave
besteht aus 12 Halbtönen. Die Hauptintervalle und die Ganzzahlen,
die die Frequenzverhältnisse dieser Intervalle repräsentieren,
sind jeweils oberhalb und unterhalb der chromatischen Tonleiter aufgeführt.
Das Wort Intervall wird hierbei im Sinne von zwei Noten benutzt, deren
Frequenzverhältnis der Quotient kleiner ganzer Zahlen ist. Außer
für Vielfache dieser Grundintervalle erzeugen Ganzzahlen, die größer
als ungefähr 10 sind, Intervalle, die für das Ohr nicht einfach
zu erkennen sind. Gemäß Tabelle 2.2a ist der grundlegendste
Intervall die Oktave, bei der die Frequenz der höheren Note das Doppelte
der Frequenz der tieferen Note ist. Der Intervall zwischen C und G ist
eine Quinte und die Frequenzen von C und G stehen in einem Verhältnis
von 2 zu 3 zueinander. Die große Terz hat vier Halbtöne und
die kleine Terz hat drei. Die Zahl, die jedem Intervall zugeordnet ist,
z.B. vier in der Quarte, ist bei der C-Dur-Tonleiter die Zahl der weißen
Tasten inkl. der beiden Tasten am Anfang und Ende des Intervalls und hat
keine weitere mathematische Bedeutung. Beachten Sie, daß das Wort
"Tonleiter" bzw. "Skala" in "chromatische Tonleiter",
"C-Dur-Tonleiter" und "logarithmische oder Frequenz-Skala"
(s.u.) eine völlig unterschiedliche Bedeutung hat; die zweite ist
eine Untermenge der ersten.
Oktave Quinte Quarte Gr.Terz Kl.Terz
CDEFGAH C D E F G A H C # D # E F # G # A # H C
1 2 3 4 5 6 8
(Frequenzverhältnisse der Intervalle in der chromatischen
Tonleiter)
Wir können oben sehen, daß eine Quarte und eine Quinte sich
zu einer Oktave "aufaddieren" und eine große Terz und
eine kleine Terz sich zu einer Quinte "aufaddieren". Beachten
Sie, daß diese Addition im logarithmischen Raum erfolgt wie unten
erklärt wird. Die fehlende Ganzzahl 7 wird ebenfalls unten erklärt.
Die gleichschwebend temperierte (ET) chromatische Tonleiter besteht aus
"gleichen" Halbtonschritten für jede nachfolgende Note.
Sie sind in dem Sinne gleich, daß das Verhältnis der Frequenzen
von zwei aufeinanderfolgenden Noten immer das gleiche ist. Diese Eigenschaft
stellt sicher, daß jede Note (außer in der Tonhöhe) mit
allen anderen identisch ist. Diese Gleichförmigkeit der Noten gestattet
es dem Komponisten oder Künstler, jede Tonhöhe und jede Tonart
zu benutzen, ohne auf Dissonanzen zu treffen, wie unten weiter erklärt
wird. In einer Oktave einer ET-Tonleiter gibt es 12 gleiche Halbtöne
und jede Oktave ist ein genauer Faktor von 2 im Frequenzverhältnis.
Deshalb beträgt die Frequenzänderung für jeden Halbton:
Halbtonschritt12 = 2 oder Halbtonschritt = 21/12 [= 12. Wurzel aus 2]
= 1,05946
(Gleichung 2.1)
Gleichung 2.1 definiert die ET chromatische Tonleiter und erlaubt die
Berechnung der Frequenzverhältnisse von "Intervallen" in
dieser Tonleiter. Wie verhalten sich die "Intervalle" bei ET
zu den Frequenzverhältnissen der reinen Intervalle? Der Vergleich
ist in Tabelle 2.2b aufgeführt und zeigt, daß die Intervalle
der ET-Tonleiter den reinen Intervallen sehr nah kommen.
Intervall Freq.-Verh. ET-Tonleiter Differenz
Kleine Terz 6/5 = 1,2000 Halbtonschritt3 = 1,1892 +0,0108
Große Terz 5/4 = 1,2500 Halbtonschritt4 = 1,2599 -0,0099
Quarte 4/3 = 1,3333 Halbtonschritt5 = 1,3348 -0,0015
Quinte 3/2 = 1,5000 Halbtonschritt7 = 1,4983 +0,0017
Oktave 2/1 = 2,0000 Halbtonschritt12 = 2,0000 0,0000
(Vergleich der reinen Intervalle mit der gleichschwebend
temperierten Tonleiter)
Die Abweichung ist bei den Terzen am größten, mehr als fünfmal
so groß wie die Abweichung bei den anderen Intervallen aber trotzdem
nur ungefähr 1%. Nichtsdestoweniger sind diese Abweichungen leicht
zu hören, und einige Klavierliebhaber haben sie großmütig
als "die rollenden Terzen" tituliert, während sie in Wahrheit
inakzeptable Dissonanzen sind. Es ist ein Mangel, mit dem wir leben müssen,
wenn wir die ET-Tonleiter akzeptieren wollen. Die Abweichungen bei den
Quarten und Quinten erzeugen um das mittlere C Schwebungen von ungefähr
1 Hz, was bei den meisten Musikstücken kaum zu hören ist; diese
Schwebungsfrequenz verdoppelt sich jedoch mit jeder höheren Oktave.
Wäre die Ganzzahl 7 in der Tabelle aufgenommen worden, hätte
sie einen Intervall mit dem Verhältnis 7/6 repräsentiert und
würde dem Quadrat eines Halbtonschritts entsprechen. Die Abweichung
zwischen diesen beiden Zahlen beträgt mehr als 4% und ist zu groß,
um einen musikalisch akzeptablen Intervall zu bilden und wurde deshalb
nicht in Tabelle 2.2a aufgeführt. Es ist nur ein mathematischer Zufall,
daß die aus 12 Tönen bestehende chromatische Tonleiter so viele
Verhältnisse nahe an den reinen Intervallen erzeugt. Von den 8 kleinsten
Ganzzahlen führt nur die Zahl 7 zu einem völlig inakzeptablen
Intervall. Die chromatische Tonleiter basiert auf einem glücklichen
mathematischen Zufall der Natur! Sie wird durch die kleinste Anzahl von
Noten gebildet, die die maximale Anzahl von Intervallen ergeben. Kein
Wunder, daß frühe Zivilisationen glaubten, es sei etwas magisches
an dieser Tonleiter. Die Zahl der Noten in einer Oktave zu erhöhen,
führt zu keiner großen Verbesserung der Intervalle, bis die
Zahlen sehr groß werden, was diesen Ansatz für die meisten
Musikinstrumente undurchführbar macht.
Beachten Sie, daß die Frequenzverhältnisse der Quarten und
Quinten sich nicht zu dem der Oktave aufaddieren (1,5000 + 1,3333 = 2,8333
statt 2,0000). Sie addieren sich allerdings im logarithmischen Maßstab,
weil (3/2)x(4/3) = 2. Im logarithmischen Raum wird die Multiplikation
zur Addition. Warum ist das so wichtig? Weil die Geometrie der Cochlea
(Ohrschnecke) anscheinend eine logarithmische Komponente hat. Akustische
Frequenzen auf einer logarithmischen Skala wahrzunehmen erreicht zwei
Dinge: man kann bei gegebener Größe der Cochlea einen breiteren
Frequenzbereich hören, und das Analysieren der Frequenzverhältnisse
wird einfach, weil man anstatt die zwei Frequenzen zu dividieren oder
multiplizieren nur ihre Logarithmen subtrahieren oder addieren muß.
Wenn z.B. das C3 von der Cochlea an einer Stelle erkannt wird und das
C4 an einer anderen Stelle, die 2 mm weiter aufwärts liegt, dann
wird das C5 an einer Stelle erkannt, die 4 mm aufwärts liegt, genau
wie bei einem Rechenschieber. Um zu zeigen, wie nützlich das ist:
bei einem gegebenen F5 weiß das Gehirn, daß das F4 2 mm weiter
unten zu finden ist! Deshalb sind Intervalle (erinnern Sie sich daran,
daß Intervalle Divisionen von Frequenzen sind) von einer logarithmisch
aufgebauten Cochlea einfach zu analysieren. Wenn wir Intervalle spielen,
üben wir mathematische Operationen im logarithmischen Raum auf einem
mechanischen Computer genannt Klavier aus, ähnlich wie es früher
mit dem Rechenschieber getan wurde. Deshalb hat die logarithmische Natur
der chromatischen Tonleiter viel mehr Konsequenzen als nur einen größeren
hörbaren Frequenzbereich zur Verfügung zu stellen. Die logarithmische
Skala stellt sicher, daß die beiden Noten jedes Intervalls, unabhängig
davon wo man sich auf dem Klavier befindet, immer denselben Abstand voneinander
haben. Durch die Übernahme einer logarithmischen Skala wird die Tastatur
mechanisch auf das menschliche Ohr abgebildet! Das ist wahrscheinlich
der Grund, warum Harmonien für das Ohr so angenehm sind - Harmonien
werden durch das menschliche Gehör am leichtesten entschlüsselt
und erinnert.
Angenommen, wir würden Gleichung 2.1 nicht kennen; können wir
die ET chromatische Tonleiter aus den Beziehungen der Intervalle erzeugen?
Wenn die Antwort ja ist, kann ein Klavierstimmer ein Klavier stimmen ohne
Berechnungen durchführen zu müssen. Diese Intervall-Beziehungen,
so stellt sich heraus, bestimmen die Frequenzen aller Noten der 12-notigen
chromatischen Tonleiter. Eine Temperatur ist eine Gruppe von Intervall-Beziehungen,
die diese Bestimmung ermöglicht. Von einem musikalischen Standpunkt
aus gibt es nicht nur eine einzige "chromatische Tonleiter",
die besser wäre als alle anderen, obwohl ET die einmalige Eigenschaft
hat, daß sie ein freies Transponieren erlaubt. Unnötig zu sagen,
daß ET nicht die einzige musikalisch nützliche Temperatur ist,
und wir werden unten weitere Temperaturen besprechen. Die Temperatur ist
keine Option sondern eine Notwendigkeit; wir müssen eine Temperatur
wählen, um diese mathematischen Schwierigkeiten zu überwinden.
Kein musikalisches Instrument, das auf der chromatischen Tonleiter basiert,
ist völlig frei von Temperatur. So müssen z.B. die Löcher
eines Blasinstruments und die Bünde der Gitarre für eine bestimmte
temperierte Tonleiter in einem entsprechenden Abstand angeordnet sein.
Die Geige ist ein ziemlich cleveres Instrument, weil es alle Probleme
mit der Temperatur dadurch vermeidet, daß die leeren Saiten zueinander
einen Abstand von einer Quinte haben. Wenn man die A(440)-Saite richtig
stimmt und alle anderen Saiten dazu in Quinten, dann sind die anderen
rein und nicht temperiert. Man kann Probleme mit der Temperatur auch vermeiden,
indem man alle Noten mit Ausnahme des A(440) greift. Außerdem ist
das Vibrato größer als die Korrekturen der Temperatur, was
die Differenzen der Temperatur unhörbar werden läßt.
Die Erfordernis für das Temperieren entsteht, weil eine chromatische
Tonleiter, die auf eine Tonart gestimmt ist (z.B. C-Dur mit reinen Intervallen),
in anderen Tonarten keine akzeptablen Intervalle erzeugt. Wenn man eine
Komposition in C-Dur - mit vielen reinen Intervallen - geschrieben hat
und sie dann transponiert, kann das zu schrecklichen Dissonanzen führen.
Es gibt ein noch grundlegenderes Problem. Reine Intervalle in einer Tonart
erzeugen auch Dissonanzen in anderen Tonarten, die im selben Musikstück
benutzt werden. Die Temperierschemata wurden deshalb dafür entwickelt
diese Dissonanzen zu minimieren, indem man die Verstimmung der reinen
Intervalle bei den wichtigsten Intervallen minimierte und die größten
Dissonanzen in die weniger benutzten Intervalle verschob. Die zum schlimmsten
Intervall gehörende Dissonanz wurde "Wolfsquinte" genannt.
Das Hauptproblem ist natürlich die Intervallreinheit; die obige
Diskussion macht klar, daß egal was man tut, irgendwo eine Dissonanz
auftreten wird. Es mag für manche ein Schock sein, daß das
Klavier im Grunde ein unvollkommenes Instrument ist! Wir werden deshalb
in jeder Tonleiter immer mit einigen Kompromissen bei den Intervallen
leben müssen.
Der Name "chromatische Tonleiter" wird im allgemeinen auf jede
12-notige Tonleiter mit beliebiger Temperatur angewandt. Natürlich
erlaubt die chromatische Tonleiter des Klaviers nicht die Benutzung von
Frequenzen zwischen den Noten (wie man das bei der Geige tun kann), so
daß es eine unendliche Zahl fehlender Noten gibt. In diesem Sinne
ist die chromatische Tonleiter unvollständig. Nichtsdestoweniger
ist die 12-notige Tonleiter für die meisten musikalischen Anwendungen
genügend vollständig. Die Situation ist einer digitalen Fotografie
analog. Wenn die Auflösung ausreichend ist, kann man den Unterschied
zwischen einem digitalen Foto und einem analogen Foto mit viel höherer
Informationsdichte nicht sehen. Ähnlich hat die 12-notige Tonleiter
offenbar für eine genügend große Anzahl musikalischer
Anwendungen eine ausreichende Auflösung in der Tonhöhe. Diese
12-notige Tonleiter ist für ein bestimmtes Instrument oder musikalisches
Notationssystem mit begrenzter Zahl zur Verfügung stehender Noten
ein guter Kompromiß zwischen "mehr Noten je Oktave für
eine größere Vollständigkeit haben" und "genug
Frequenzbereich haben, um den Bereich des menschlichen Gehörs abzudecken".
Es gibt eine fruchtbare Debatte darüber, welche Temperatur musikalisch
gesehen am besten ist. ET war von der frühesten Geschichte des Temperierens
an bekannt. Es hat definitiv Vorteile, auf eine Temperatur zu standardisieren,
aber das ist wahrscheinlich nicht möglich oder sogar nicht wünschenswert
hinsichtlich der Unterschiedlichkeit der Meinungen über Musik und
der Tatsache, daß viel der zur Zeit existierenden Musik mit dem
Gedanken an eine bestimmte Temperatur geschrieben wurde. Deshalb werden
wir nun die verschiedenen Temperaturen erforschen.
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