Das Klavier in seiner Entwicklung
Ursprung
Uralt sind die Versuche, Klänge
auch ohne die menschlichen Stimme zu erzeugen.
Für die Signal- und Nachrichtenübermittlung wurde schon
in der Steinzeit oft eine größere Lautstärke als
die der Stimme benötigt. Die Urvölker trommelten auf Hölzern
und Hohlkörpern von Früchten. Später wurden die Hohlkörper
mit Fellen bespannt.
Es entstand in der Geschichte der Menschheit die erste Musik.
Musikstab und Röhrenzither
Neben hellen und dumpfen Trommelklängen
fiel der Ton der Sehne von Pfeil und Bogen auf. Es entstand das
Urbild eines Saiteninstruments (Chordophon). Man konnte die gespannte
Sehne zupfen oder auch streichen. Und der Schall wurde lauter, wenn
der Bogen ein leeres Gefäß berührte; hohle Fruchtkörper
eigneten sich gut. Diese zum Bogen gekrümmten Holzstäbe
waren jedoch nur Einsaiter. Schnell stellte man fest, daß
auch andere Stoffe wie Pflanzenfasern, Bast und Haare, Töne
durch Zupfen oder Streichen von sich gaben. Später kam die
Seide hinzu. Tierdarm, Sehnen und eines Tages sogar Metall wurde
zum Klingen gebracht. Röhrenförmige Körper, insbesondere
Bambus und hohle Äste fielen dadurch auf, daß sie die
Musik laut ausstrahlten. Diese Hohlkörper boten auch mehr Fläche
als der Musikbogen. Mehrere Saiten wurden aufgespannt; denn man
fand heraus, daß jeweils längere oder kürzere Saiten
verschieden hohe Töne brachten. Das Musikinstrument wurde zunächst
aus einem Stück gefertigt: Ein kurzes Bambusrohr erhielt dicht
nebeneinander längs zwei Einschnitte. Es löste sich ein
Streifen der Außenhaut, den man aber nicht ganz vom Bambusrohr
trennte.
Bild 1 Musikstab aus Bambus
mit losgelöster Rinde als Saite |
Wie in Bild 1 zu sehen, ließen
sich rechts und links unter diese Streifen Holz- oder Knochenstücke
stecken, die man als Stege möglicherweise sogar zur Mitte
verschieben konnte. Dieser Musikstab,
wurde zur Röhrenzither erweitert , indem man mehrere Saiten
auf dem zylinderförmigen Resonanzkörper anordnete. Durch
Stege in verschiedene Längen geteilt, vergrößerte
sich der Tonumfang und die Einsatzmöglichkeit erheblich .
Die Saiten waren noch Teil des Instrumentes selbst..
Kastenzither und Hackbrett
Im Fernen Osten ebenso bei den
Assyrern, Babylonieren und unabhängig davon im europäischen
Raum wurde mit verschieden langen Saiten experimentiert. Über
Jahrhunderte entwickelte sich der zylinderförmig, hohle Resonanzkörper
zu einer Kastenform. Das Altertum kannte bereits das Monochord (Einsaiter)
für theoretische Klangmessungen und mathematische Darstellung
des Tonsystems und als primitives Musikinstrument. Auf einem länglichen
Resonanzkasten war in Längsrichtung eine Saite gezogen. Zwischen
den beiden festen Stegen befand sich noch ein dritter, verschiebbarer
Steg mit markierter Skala zum Einstellen bestimmter Töne. Der
Ton selber wurde durch Zupfen hervorgebracht. Im Mittelalter benutzte
man diesen einfachen Apparat für musiktheoretische Übungen,
und als Hilfsmittel beim Gesang, ähnlich der Stimmgabel und
Stimmpfeife zum Angeben des Tones. Die entstehende Mehrstimmigkeit
ließ seit dem 11. Jahrhundert die Deutung der harmonischen
Zusammenhänge zu. Den Übergang zu Psalter und Hackbrett
bildeten damit mehrsaitige Monochorde und richtige Polychorde.
Bild 1/2. Monochord
1), 2) verschiebbare Stege,
3) Haken für spannendes Massestück |
Bald wurden rechteckige, trapez-
und später Iyraförmige Schallkästen gebaut. Viele
Saiten konnten mit Hilfe von Wirbeln aus Bein oder hartem Holz darüber
gespannt werden. Verschiebbar Stege dienten zur Tonübertragung.
Diese Kastenzither wurde durch einfaches Zupfen gespielt. Das Konstruktionsprinzip
(mehrchöriger Saitenbezug pro Ton) des Klavieres entwickelte
sich in Europa vom 11. bis 16. Jahrhundert. Beim Psalterium bestanden
die Saiten aus Metall und wurden nicht mehr gezupft, sondern mit
Tuch bezogenen Schlägeln angeregt. Dieses sogenannte Hackbrett
hat heute noch Nachfahren: das Cymbalom, das wohl bekannteste Volks-
Instrument der Ungarn.
Der Wunsch, die Tonerzeugung zu technisieren, bildete sich bald;
und die Entwicklung ist auch mit dem heutigen Synthesizer noch nicht
beendet. Der einfachste Grad der Technisierung war ein Hebelmechanismus...
die Tasten. Sie wurden zunächst an orgelartigen Instrumenten
angebracht und erst später an Besaiteten. Eine Art der Tastatur
gab es bei den hebräischen und griechischen Pfeifenwerke, bei
welchen der Unterschied hauptsächlich darin bestand, daß
bei der griechischen Wasserorgel das Wasser als Regulator für
den Winddruck benutzt wurde. Die Vervollkommnung brauchte noch viel
Zeit. Die Tastatur erlaubte nicht wirklich eine leichtere Handhabung.
Im 15. Jahrhundert, wo auch der Anfang für die Entwicklung
der Clavier-Instrumente zu suchen ist sagte Praetorius : "Das
Clavichordium ist aus dem Monochord (nach der Scala Guidonis, welche
nicht mehr als zwanzig Claves gehabt hat) erfunden und ausgeteilt
worden. Denn anstatt eines jeden Bundes auf dem Monochord, hat man
einen Clavem auf dem Clavichordio gemacht. Und sind Anfangs nicht
mehr denn zwanzig Claves, bloß in genere diatonico gemacht
worden, darunter nur zwei schwarze Claves ... denn sie haben in
einer Oktave nicht mehr als dreierlei Semitonia gehabt, als a-b,
h-c und e-f, wie dasselbe noch gar in alten Orgeln zu ersehen"
Bei den besaiteten Instrumenten wurde der Einsatz von Tasten auch
notwendig, weil eine immer größere Anzahl von Saiten
aufgespannt wurde. Um mehr Klangfülle zu bekommen, beließ
man es nicht mehr bei einem Saitenchor für einzelne Töne,
sondern man verdoppelte und verdreifachte sie.
|