Stimmstock
Für die Befestigung der Saitendrähte im
vorderen Teil des Instruments ist der Stimmstock vorgesehen.
Im Flügel liegt er mit den Wirbelfeldern waagerecht vor dem
Pianisten. Er ist jedoch als Holzkonstruktion im fertig zusammengesetzten
Instrument nicht zu sehen, da ihn die Metallplatte und eine hölzerne
Zierblende verdecken. Wie schon der Name sagt, hat der Stimmstock
im Flügel und Piano wesentlich zur guten Stimmung der Instrumente
beizutragen. Zum einen muß man die Tonhöhen regulieren
können, zum anderen sollen die eingestellten Frequenzen möglichst
lange stehenbleiben. Deshalb ist ausgesuchtes, gepflegtes Holz
für die Herstellung unerläßlich. Im allgemeinen
wird Rotbuche (seltener Weißbuche; bei Steinway amerikanischer
Felsenahorn) verwendet. Ein guter Stimmstock besteht allerdings
nicht nur aus einem einzigen massiven Block derartiger Hölzer.
Er wird zusammengesetzt aus mindestens
Bild 1. Herkömmlicher Flü-gelstimmstock aus
nur vier jeweils längs- und querverleim-tcn Holzdicken
(Ausschnitt) |
zwei Spiegeldicken unterschiedlicher Höhe.
Da aber die Stimmwirbel durch den gewaltigen Saitenzug im Holz
»arbeiten« können, werden gute Flügel-stimmstöcke
aus 3 bis 5 jeweils längs, dann quer, darauf wieder längs
usw. verleimten Lagen (Bild 1) bis zu einer Gesamtdicke von
40 - 60 mm aufgebaut. In diesem Verbund hat der Wirbel sicheren
Halt, er drückt keine ovalen Löcher in den Stimmstock,
läßt sich aber gut drehen und bleibt so stehen, wie
der Klavierstimmer ihn beim Feinstimmen gesetzt hat. Statt der
mehrfach quer- und längsverklebten Spiegeldicken verwenden
die Hersteller zahlreicher weltbekannter Marken sogenannte Preßlagenholz-Stimmstöcke:
Die Buchenhölzer sind zu groben Furnierdicken aufbereitet.
Sie werden dem gewünschten Format des Stimmstocks entsprechend
bis zu 30 Lagen mit Spezial-Kaltleimen auf PVC-, Kunstharz-, Formaldehyd-Basis
usw. verpreßt. Die jahrelange Verwendung, z.B. in Zimmermann-,
Rönisch- oder Niendorf-lnstrumenten haben ihre Qualität
bestätigt. Diese Preßlagenholz-Stimmstöcke sind
überdies tropenfest. Unter der Bezeichnung »Delignit-Klavierbausperrholz werden sie in der Bundesrepublik Deutschland sogar in Konzertflügel
eingebaut; auch japanische Hersteller verwenden diese Sorte vorrangig,
statt jener mit nur zwei bis vier Holzlagen . Unter
den Flügel- und Pianorahmen gibt es auch Gußplatten,
die nicht voll »durchgepanzert« sind. Sie lassen über
den Wirbelfeldern des Stimmstocks freie Flächen. Bei derartig
durchbrochenen Rahmen findet man oft die sichtbaren Stimmstockpartien
gediegen furniert und schön auspoliert vor. Hierbei wird
bereits vielfach vor dem Auflegen der Metallkonstruktion das Stimmstockholz
mit den Wirbellöchern versehen. Sie werden aufgrund der Mensur
und Teilungszeichnung nach einer genau ausgerichteten Schablone
mit der elektrischen Bohrmaschine oder entsprechenden Automaten
gebohrt. Üblicherweise verlaufen die Löcher durch den
gesamten Stimmstock hindurch. Es gibt aber auch Fabrikate, bei
denen nicht durchgebohrt wurde. Hier ist bei Reparaturen Vorsicht
geboten, damit man bei eventuellem Versenken von Wirbeln - bei
Neubezug oder einzelnen zu ersetzenden Saiten - nicht den Stimmstock
aufsprengt. Zu den Wirbellöchern ist zu bemerken: Die Bohrer
bestehen aus Spezialstahl. da die Löcher nicht verbrannt
oder angesengt werden dürfen. Außerdem verläuft
die Bohrung nicht exakt nach unten. Der Stimmwirbel soll etwa
4,5° schräg gegen die Zugrichtung stehen. Im Flügel
weist er also unmerklich zum Spieler, im Pianino nach oben! Der
Stimmwirbel (früher auch Stimmnagel) besteht aus Eisendraht.
Es gibt verschiedene Formate von etwa 6,50 ... 7,50 mm Durchmesser,
und auch eine Auswahl von mindestens vier unterschiedlichen Längen
zwischen 52 und 64 mm ist möglich. Die Form des Wirbels ist
einer kleinen Zigarre ähnlich, deren Ende vierkantig ausgearbeitet
ist. Diese $telle bezeichnet man als Wirbelkopf; er dient zum
Aufstecken des Handwerkzeugs, das vom Laien als Stimmschliissel
bezeichnet wird; der Fachmann indessen verwendet ausschließlich
die Bezeichnung Stimmhammer, sie leitet sich aus der Form dieses
Werkzeugs ab. Es gibt einfache Stimmhämmer mit festem und
andere mit auswechselbarem Griff. Die Wechselgarnitur benötigt
man für aus-gefallene Wirbelformen, z.B. in älteren
Instrumenten; denn der Kopf des Stimmnagcls war nicht immer so
quadratisch-vierkantig geformt, wie man ihn in den neuen Instrumenten
findet; früher gab es auch flache und längliche Exemplare.
Sie kann man nicht mit dem üblichen Sternloch im Stimmhammer
bewegen. Der dem Kopf folgende Teil des Wirbels ist rund und
mit einer leicht gerändelten Aufrauhung von nur mäßigem
Gang versehen. Im oberen Drittel, wo der kantige Kopf beginnt,
ist der Stimmnagel durchbohrt, damit man den Saitendraht einstecken
und auffädeln kann. Bei älteren Blüthner-Flügeln
verläuft die Bohrung nicht völlig durch den Stimmwirbel
hindurch, ist also nur auf einer Seite offen, was das Drahteinfädeln
erschweren kann. Gegenwärtig stecken meist vernickelte Wirbel
in den Instrumen, es gibt auch mit Lack überzogene oder
gebläute. Dies alles geschieht, damit das Material nicht
rostet. Der Wirbel sitzt drehbar, zu knapp zwei Dritteln, im Stimmstockholz.
Der Kopf und das Loch für die Saite stehen im herausragenden
Drittel über dem Stimmstock. Je zäher sein Material
ist. desto besser. Spröde Wirbel brechen mitunter am Einfädelloch
ab, zu weiche haben bald einen deformierten Kopf, auf den dann
kein Stimmhammer mehr richtig paßt.