Jürgen-Friedrich Westermann
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In einem Piano oder Flügeln wird jede Saite mit etwa 735 N gespannt. Im Diskant werden in der Regel 3 Saiten pro Ton ( Taste) gebraucht. Und bei 88 Tasten (Töne) ergeben sich also Zugkräfte im gesamten Klavier oder Flügel zwischen 150 ... 180 kN und höher.
( 735 N x 245 Saiten = 180 kN )
Das entspricht etwa dem Gewicht von 10 Mittelklasse- Autos. Diese hohen Zugkräfte müssen vom Rast und vom Rahmen gehalten werde. Ungleiche Veränderungen der Zugkräfte beeinträchtigen die Stimmhaltung.
Stimmstock und Wirbel sind nicht einzig für eine gute Stimmhaltung tragend. Temperatur Änderungen und Luftfeuchte wirken sich natürlich auch auf eine gute Stimmhaltung aus.
Instrumente mit minderen Stegen und Resonanzböden sind besonders "anfällig". Die Saitenauflage am Steg ist die empfindlichste Region. Jahreszeitlich bedingte Änderungen in der Luftfeuchte variieren die Wölbung ( Bild 1) im Resonanzboden. Diese Schwankungen übertragen sich auf die Bodenstege und bewegen diese unmerklich von der gespannten Saite weg oder wieder auf sie zu. Das bestreben des Holzes Feuchtigkeit aufzunehmen und abzugeben wird in der modernen Herstellung genutzt. Doch hier ergibt daraus ein Problem. Die Tonhöhe der Saite muß sich zwangsläufig verändern; und dies geschieht nicht nur nach unten. Wie schon beschrieben, kann bei feuchtem Wetter, subtropischem oder maritimem Klima - sogar bei Renovierungsarbeiten in der Wohnung - die Stimmung im gesamten Instrument oder auch in Teilabschnitten steigen. Sehr schmale oder auch schlecht verleimte Resonanzbodenstege fördern diese Erscheinung zusätzlich. Ein Instrument mit guter Stimmhaltung muß daher über einen soliden Resonanzboden verfügen. Eine erhebliche Veränderung des Saitenzuges können auch die Stegstifte bewirken. Sollten die Stegstifte sogar wackeln, ist das Klavier nicht mehr stimmbar.

Fehlerquellen einer guten Stimmhaltung
Stimmstock • Austrocknung, Verziehen, Aufreißen ---» lose Wirbel
Stimmwirbel • "scharfes" Gewinde ---» Wirbel keinen festen Halt
Agraffe
Bodenrippen  
Resonanzboden

• höhere Luftfeuchtigkeit ---» die Stimmung wird höher
• niedrigere Luftfeuchtigkeit ---» die Stimmung wird tiefer

Saite • "weiche" Saiten ---» der Ton wird tiefer
Stegstifte • Stegstifte lose oder wackeln ---» Unstimmbar
Steg • schlechte Verleimung --- » klingende Länge ändert sich.
• Aufdoppelung nicht fest verleimt --- » Tonhöhe schwankt
Aufhängestift • Rost ---» weiche Anhängung
Rahmen • Rahmenbruch ---» Unstimmbar
Bild 1

Die Außenhaut des Wirbels ist nur gewindeartig aufgerauht. Ein Gewinde würde sich in die Holzstruktur des Stimmstocks einschneiden und den Wirbel wackeln oder ihn zu leicht drehbar werden lassen. Die häufigste Ursache fiir schlechte Stimmhaltung der Saiten ist in locker sitzenden Wirbeln zu sehen. Eine gut gearbeitete Gußplatte führt kaum zu schlechter Stimmhaltung. In seltenen Fällen bricht diese Platte. Dann ist eine Stimmhaltung nicht mehr möglich.

Die Dehnung der Saiten wird nicht allein im »klingenden Abschnitt« verursacht. Das »tote Saitenende« zwischen Resonanzbodensteg und Saitenaufhängung an der Platte klingt nicht mit. Ebenso ist es zwischen Agraffe bzw. Druckstab und Wirbel. Ein guter Konstrukteur wird versuchen, diese klanglosen Abschnitte der Saiten recht kurz zu halten. Denn ein langer nicht klingender Anhang hat, z.B. von der Platte bis zu den Stegstiften, einen nur kleinen Winkel für den Druck der Saite auf den Steg. Klimatisch bedingte Veränderungen der Resonanzbodenwölbung machen sich hier stärker bemerkbar als bei kurzen toten Enden. Der klanglose Saitenabschnitt zwischen Wirbel und Andruckpunkt ist ebenfalls so kurz wie möglich zu halten. Denn beim Stimmen dehnt sich auch dieser Teil des Drahtes, und ein langes totes Stück erschwert dem Stimmer die Kontrolle über die Reaktion der Saite an ihren Friktionspunkten. Im höchsten Diskant allerdings beeinträchtigen zu kurze tote Abschnitte die gute Stimmbarkeit. Deshalb ist bereits beim Klavierentwurf ein Ausgleich vorzusehen. Vielfach läuft vor dem Wirbel das »klanglose« Ende über ein Filzpolster, das unter ungünstigen Bedingungen Feuchtigkeit aufnehmen kann. Bei älteren Instrumenten findet man daher oft Rost an den Enden der Saiten. Ein angerosteter Draht läßt sich beim Stimmen nur schwer durch Agraffe oder Schränkung bewegen, deshalb wird dadurch ebenfalls die Stimmhaltung beein-trächtigt. Eine solide Rastenkonstruktion übt ebenfalls wesentlichen Einfluß auf eine konstante Stimmung aus. Das Phänomen Stimmhaltung kann also nur in komplexen Zusammenhängen erfaßt werden:

  • stabile Gesamtkonstruktion
  • widerstandsfähige Rast
  • homogener Resonanzboden
  • akkurate Stege
  • ausgewogene Platte
  • fester Stimmstock und
  • hochwertiges Saitenmaterial.

Der normale Hörer empfindet ein Klavier oder einzelne Töne als verstimmt, wenn zwischen zwei oder mehreren Saiten erhebliche Abweichungen in der richtig temperierten Frequenz bestehen. Manch einer hört sogar, wenn die Abweichung auch nur ganz geringe Schwebungsunterschiede aufweist. Dem begegnet der Stimmer, indem er einer Saite zum Beispiel die gleiche Frequenz gibt, wie sie die Nachbarsaite bereits hat (bei mehreren Chören für einen Ton). Es ist aber möglich, daß die unangenehme Erscheinung auch bei nur einer Saite wahrgenommen wird, sie »schwebt«. Die Gründe dafür können vielgestaltig sein. Handelt es sich um fehlerhaften Saitendraht, so ist dem durch Einsetzen einer Saite mit besserer Qualität unmittelbar zu begegnen. Die Partialtonreihe der ersten Saite war dermaßen unregelmäßig, daß sie untereinander diese Schwebungen hervorbrachte. Modulationsschwankungen in der Frequenz nur einer Saite können aber auch dadurch entstehen, daß sie sich beim Aufziehen in sich verdreht hat. Ein Vibrato ist die Folge. Sie läßt sich mit keiner Nachbarsaite in Einklang bringen. Aber nicht allein der Draht und seine Beschaffenheit lassen es zu diesem Vibrato kommen. Wenn die Saite an ihren Endpunkten zum klingenden Teil nicht konstant begrenzt ist, treten ebenfalls unerwünschte Frequenzmodulationen auf. UnreineTöne sind die Folge. Hier hilft nur Kontrolle an Stegstift, Agraffe oder Druckstab. Gerade bei Klavieren, die mit Druckstäben ausgestattet sind, kommt es aus folgenden Gründen zu Unreinheiten: Die Winklung der Saite hinter der Auflage ist zu flach, die Saitenbegrenzung dadurch instabil, Schwebungen können sich einschleichen. Große Probleme treten auf, wenn der Draht eine Druckstabschraube berührt und von ihr unzulässig gewinkelt wird. Damit vergleichbar ist ein nicht gradliniger, sondern nach rechts oder links abweichender Verlauf durch die Agraffe. Auch hierbei sind hörbare Schwebungen innerhalb nur einer Saite möglich. Wenn eine unvertretbare Erweiterung oder Verjüngung des Chorverlaufes entdeckt wird, kann man sicher sein, daß dabei ein störender Teiltonaufbau eingesetzt hat, der sich dem Ohr als Unreinheit darstellt. Schließlich ist der Saitenbegrenzung am Steg besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Federnde oder gar lockere Stegstifte bzw. eine zu schwache Schränkung drücken die Saite nicht gleichmäßig an den Steg, die Saitenbegrenzung wird labil, und damit leidet auch die Klangreinheit. Diesem Mangel ist aber zu begegnen, indem die Stegstifte korrekt befestigt werden, eine einwandfreie Schränkung hergestellt und die Grundkonzeption des Instruments in diesem speziellen Bereich einer kritischen Prüfung unterzogen wird. Es muß dem unharmonischen Ergebnis der »reitenden« Saiten zunächst an allen ihren Begrenzungpunkten nachgegangen werden, ehe man gegebenenfalls neu bezieht.