Jürgen-Friedrich Westermann
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Update 2012
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Das Klavier in seiner Entwicklung

Erste Hammerklaviere

1716 Der Pariser Instrumentenbauer Jenas Marius führt seiner Akademie der Wissenschaft Modelle von Hammermechaniken vor.
1738 Der Nomdhausener Organist Chr.Gottlieb Schrote erklärte ,

1717
einen Hammermechanismus für den Flügel erfundenzu haben.

1709 waren dem Marchese Scipio Maffei in Italien bereits Hammerklaviere des berühmten Cembalo-bauers Bartolomeo Cristofori aus Padua bekannt geworden.

1711 Im »Giornale di Lettemati d'Italia« schrieb Maffei über die bahnbrechende Cristofori-Erfindung unter anderem :"..... daß anstatt der gewöhnlichen Springerchen, welche mit der Feder andere Clavizymbel berühren, allhier ein Register von Hämmerchen befindlich, welche von unten an die Saiten schlagen... Damit auch die Hämmerchen in dem Zurückprallen, nach dem Anschlag, nicht wieder auf hüpfen und an die Saiten zurückstoßen können, so fallen sie und liegen auf kreuzweise geschlungenen seidenen Schnürchen, die solche ganz ruhig auffangen.


Bild 2. Das Instrument, dessen Typ den epochalen Durchbruch vom Anreißen dem Saiten zum Hammeranschlag brachte:Cristofori-Hammerflügel aus dem Jahre 1726 (Musikinstrumenten-Museum, Leipzig)

Weil aber bei dieser Art von Instrumenten nötig ist, daß der Ton ürsten verschwinden, oder der Spieler ihn hemmen könne, indem er sonst durch das Fortklingen die folgenden Nothen undeutlich er die machen würde.., so wird auch hier der Schall plötzlich gehemmt, aß anweil jede von den oft gemeldeten Hebeln ein Schwänzchen hat Feder und auf demselben nach der Reihe ein Register mit Springerchen immer- befindlich ist, die nach ihrem Gebrauche Dämpfer genannt werden könnten. Sobald der Griff auf die Tasten geschehen, berühren diese die Saiten mit dem Tuch, welches sie auf der Spitze haben und hindern das Nachzittern, welches entstehen müßte; so folgt von selbst, daß das Schwänzchen sich herniederlasse und zugleich auch der Dämpfer. Dadurch bleibt die Saite frei zu dem Klange und dieser vergeht hernach von selbst, sobald der Griff (auf die Taste) vorbei ist..."
Cristofori arbeitete zu jener Zeit in Florenz als Instrumentenbauer und Restaurator der Sammlung des Fürsten Ferdinand von Medici.


Bild 3. Zeitgenössische Darstellung des Hammermechanismus im Cristofori-Flügel aus dem Gedächtnis nachgezeichnet, wie Scipio Maffei berichtete.

Maffei illustrierte seine Ausführungen durch eine Zeichnung. (Bild 3).
Die dynamschen Nuancierbarkeit des Tones durch den Hammeranschlag als wesentliche verändert
Sich dessen bewut, gab Cristofori den bindenden Namen »Gravecembalo col piano e forte«. Ein Klavier zum laut und leise spielen. Dei Bezeichnung »Pianoforte« ist bis heute aktuell.
Christoris Erfindung war zu seinen Lebzeiten nicht sonderlich gefragt. Die technischen weiterentwicklungen kaumen aus dem mitteldeutschen und österreichischen Instrumentenbauern.In 2 technisch unterschiedlichen Varianten des Hammerschlages vervollkommneten sie das neue Medium : Prellen und Stoßen
Bei der Mechanik des deutschen Erfinders Schröter , saß der Hammer beweglich auf dem Tastenende und wurde hochgeprellt (später Deutsche oder auch Wiener Mechanik genannt). Cristofori ließ den Hammer hoch stoßen, da er über der Taste drehbar an einer Leiste hing (daraus entwickelte sich die Englischen Mechanik).

1750 stellte der berühmte Orgelbauer Gottfried Silbermann Johann Sebastian Bach seine Hammerklaviere vor. Doch leider lehnte der große Meister diese Instrumenten-Variante zunächst ab. Trotz des hartern Schlag für Silbermann, arbeitete er an Verbesserungen weiter. Bis er an verschiedene Höfe und auch an Friedrich II. von Preußen einige sehr gelungene Hammerfiügel verkaufen konnte. Der Name Silbermann blieb lange mit der Produktion solcher flügelförmigen Hammerklaviere verbunden, Seine Neffen und deren Söhne brachten sie über Straßburg bis nach Paris.
Fast gleichzeitig hatte sich der Geraer Orgelbauer Christian Ernst Friderici mit Versuchen beschäftigt, das neue


Bild 4. Rechteckig und kleiner als ein Tafelklavier der damaligen Zeit ist dieses Reiseklavier österreichischer Herkunft vom Anfang des 19. Jahrhunderts (Händelhaus, Halle)

Klavier in eine Kastenform zu fassen. Nach 1750 entstand unter seinen Händen das Tafelklavier, und dies erfreute sich als Hausinstru-ment bis ins späte Biedermeier größter Beliebtheit. Äußerlich sah es dem Klavichord ähnlich und war auch sehr leicht gebaut. Man findet bei den älteren sehr dünne Saitenbezüge, ganz winzige Hämmerchen - oft noch dunkle Untertasten und weiße Obertasten, wie dies beim Kielfiügel vorherrschte (manchmal wurde das Tafelklavier verkleinert, wie Bild 4 zeigt). Vorteil des Tafelklaviers: Man konnte es an die Wand stellen. Es trat aus dem höfischen in den bürgerlichen Bereich ein, es wurde eben das Klavier. Aber es blieb immer noch horizontal, wie der Flügel. Tafelklavier und Flügel mit dem waagerechten Saitenbezug sind auch der Ursprung des aufrecht stehenden Pianos. Natürlich gab es auch schon im 18. Jahrhundert Bestrebungen, das Klavier raumsparend an der Wand aufstellen zu können. Aber alles, was entworfen wurde, blieb dem System nach ein aufrecht gestellter Flügel mit einer verwinkelten Mechanik, deren Funktionen man sozusagen »um die Ecke leiten« mußte. Ob diese Instrumente von Friderici als »Pyramidenfiügel«, von Johann Gottlieb Schleip und anderen als »Lyrafiügel« oder gar als »Giraffenklavier« ausgebildet wurden -ihnen ist zum heutigen aufrechten Pianino ein Unterschied eigen: Ihre akustische Anlage beginnt erst in der Höhe der Tasten und wächst somit zur Zimmerdecke empor. Bei den Pianinos ab 19. Jahrhundert hat sich die akustische Anlage in den Kasten hinein bis fast zum Fußboden gezogen und wird spieltechnisch auch etwas anders gesteuert, wie in den späteren Abschnitten erläutert werden soll. Mit den Prinzipien der Mechanisierung in den ersten Hammer- Flügeln muß man sich etwas vertraut machen. Ein Cembalist war fast immer auch sein eigener Stimmer und Klaviertechniker;(z.B. konnte Bach in unglaublich kurzer Zeit einen Flügel neu »bekielen«). Es gibt aber heute Pianisten, die »ihrem« Instrument recht fremd gegenüberstehen, wenn es um die technischen Parameter geht. Vielfach wird von ihnen ein neuzeitlicher Hammerflügel entweder total überschätzt oder vereinseitigt. Warum gab es damals nicht den »kristallischen«, oben herben und nach unten grundtönigen Klang, der am heutigen Konzertflügel oftmals bevorzugt wird, mitunter ohne Rücksicht auf das Werk, die Raumakustik, die Größe des Saales? Weil damals die Hämmerchen mit Leder bezogen waren, die Saiten einen dünnere Durchmesser hatten und vorzugsweise auch nicht über Kreuz verliefen. Diese Eigenschaften und der schwächere Resonanzboden förderten den Oberton-Reichtum. Schließlich war innerhalb des Korpus kein schweres Metall verarbeitet und die Mechanik noch nicht bis zur heutigen Anschlagswucht ver-vollkommnet. Im süddeutschen Raum bis nach Wien hatte sich die Prellmechanik eingebürgert. Der Hammer saß in einer Gabel auf der Taste selbst. Er war in dieser Gabel drehbar. Drückte man vorn nieder, so hob sich im Flügel der Hebelarm mit dem Hammer, dessen verlängerter Schnabel unter eine Leiste griff. In diesem Moment wurde der Hammer hochgeprellt und schlug gegen die Saite. Beim Niederfallen landete der Hammerkopf auf einem winzigen Filzkissen;

Bild 5 zeigt, wie die Taste damit gepolstert war. - Dies ergab eine leicht-flüssige Spielart mit einem liebenswürdigen Toncharakter. Diese Instrumente wurden bis zur Wende ins 20. Jahrhundert in Wien gebaut. Sehr bekannt sind die Flügel des Augsburger Klaviermachers Johann A. Stein, dessen Tochter Nannette den Pianisten Andreas Streicher heiratete. Beide gründeten in Wien ihre bekannte Pianofabrik. Nannette Streicher war eine der wenigen Klavierbaumeisterinnen, deren erhaltene Instrumente heute zu den schönsten Stücken weltberühmter Sammlungen gehören.

Anders als die Wiener Mechanik funktionierte die Stoß- oder Englische Mechanik. Hier sitzt der Hammer nicht auf der Taste, sondern er hängt über ihrem Ende drehbar in einer Leiste



Bild 6. Broadwood-Hammerflügel mit englischer Mechanik. Dieses Instrument gehörte zunächst Ludwig van Beethoven, später Franz Liszt (Ungarisches Nationalmuseum, Budapest)

(Bilder 6 und 7). Ein kleiner Stab auf der Taste tippt den Hammer beim Anschlag an und stößt ihn gegen die Saite. Diese Art des Antriebs wurde alsbald zum System der Auslösungsmechanik verfeinert. Das Holzstäbchen mußte vom festen Pflock zu einer beweglichen Stoßzunge umgebildet werden




Bild 7. Die Hammeraufhängung der englischen Mechanik unterscheidet sich wesentlich vom Wiener Modell: Die soge-nannte Hammerkapsel ist nicht mehr an der Taste, sondern über ihr an einer separaten Leiste befestigt

(Bild 7). Erst das Pendeln dieser Stoßzunge ermöglichte es, den Hammer ganz kurz vor der Saite freizugeben, damit er den Ton erzeugte, nicht dämpfte und umgehend wieder zu neuem Anschlag bereit war.
1821 ersann Sebastian Erard in Paris diese Art der Repetitionsmechanik, die er neben der Stoßzunge mit einem federnden Holzschenkel versah. Dieser Schenkel konnte den Hammer im Fallen etwa in halber Höhe festhalten, so daß er um so schneller zu wiederholtem Anschlag (Repetition) bereit war. Diese Entwicklung im Getriebe der waagerechten Klaviere führte zu dem Typ Flügelmechanik, wie er noch heute in modi-fizierter Form üblich ist. Ihre Funktion wird eingehend im Abschnitt über moderne Flügel beschrieben. Die Gesamtkonzeption der Instrumente wurde in der akustischen Anlage, in der kompakteren Ausführung der Resonanzböden und schließlich mit der robusten Konstruktion eines Eisenrahmens verbessert. Die Geradsaitigkeit (paralleler Saitenverlauf von Baß bis Diskant) wich mit Einführung des Eisenrahmens, der im folgenden meist Platte genannt wird, einer Kreuzung der Saiten (Bild 2/12).


Bild 2/13. Entwicklungsüberblick
(vergrößern)