Jürgen-Friedrich Westermann
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Update 2012
C: jorbas.de

 
Das Klavier in seiner Entwicklung

Saiten und Mensuren

Das Schwingungsverhalten der Saiten ist von folgenden Bedingungen abhängig:
Längenverhältnisse
Die Schwingungszahl einer Saite verhält sich umgekehrt pro-portional zu ihrer Länge (Voraussetzung ist gleicher Durchmesser, Anspannung, Dichte).

Von zwei Saiten gleicher Beschaffenheit und Spannung ist eine genau um die Hälfte kürzer als die andere. - Die Frequenz der kürzeren Saite ist dann doppelt so groß wie die der längeren (Oktave). Nimmt man einen gleichartigen Draht, der jetzt aber 2/3 der längeren Saite beträgt, so ist dessen Schwingungszahl ~/2 von der unverändert langen Saite (Quinte). Mit Hilfe eines Monochords lassen sich so die verschiedensten Intervalle kontrollieren.

.Zugkraftverhältnisse
Voraussetzung: Gleiche Länge, Dichte, Durchmesser Die Schwingungszahl einer Saite verhält sich wie die Quadratwurzel aus der spannenden Kraft.
Eine Saite schwingt doppelt so oft (eine Oktave höher), wenn sie mit der vierfachen Kraft gespannt wird; 9fache Kraft gleich 3fache Frequenz usw.

Ausgehend vom Versuchsaufbau am Monochord, wo sich die Zugkraft durch Belastung der Saiten mit entsprechenden Metallstücken ergibt, bestehen folgende Beziehungen:

Früher betrug der Kammerton a' = 435 Hz. Dieser alte Stimmton ist für die heutige Musizierpraxis aber unbrauchbar, da international der Stimmton schon seit Jahrzehnten auf 440 Hz festgelegt ist. Es ist deshalb öfter notwendig, alte Klaviere ebenfalls darauf einzustimmen. Nach der zuletzt genannten Formel ist die Erhöhung der Saitenzugkraft zu berechnen, wenn man die Stimmung älterer Instrumente auf den heute gültigen Stimmton hochzieht.
Beispiel:

Alter Kammerton: f1 = 435 Hz
F1= 750 N
Neuer Kammerton: f2 = 440 Hz
F2 = gesucht

In diesem Falle beträgt also die Erhöhung der Zugkraft bei Zugrundelegen des gültigen internationalen Kammertons genau 17,34 N.

Abhängigkeit vom Durchmesser
Die Frequenzen verhalten sich umgekehrt zu ihrem Durchmesser.
Bei doppeltem Durchmesser einer Saite , klingt die Saite eine Oktave tiefer . Beim Durchmesser-Verhältnis 2:3 klingt der dünnere Stahldraht als Quinte höher zum dicken.



Auf den Stimmton 440 Hz bezogen mit einem bekannten Stahldrahtdurchmesser von 0,975 mm soll im Zahlenbeispiel der Durchmesser für f 2 = 880 Hz ermittelt werden:

Abhängigkeit von der Dichte

1715 hat der englische Mathematiker und Newton-Schüler Brook Taylor für den absoluten Wert der Schwingungszahl einer Saite folgende Berechnungen zugrunde gelegt (Taylorsche Formel):
f= /i1dVt7
oder: Da a~ m = F
L l.dV7r.~
Es bedeuten:
f Frequenz in Hz
1 Saitenlänge in m

d Saitendurehmesser in m
in N bzw. kg ~
F Kraft ____
m Masse in kg
m
a Erdbesehleunigung = 9,81 ~

e Diecte/Saitenmaterial in g/cm3
= 3,1416
Durch die Festlegung des Stimmtons ist dem heutigen Klavierbauer für Berechnungen jeweils die Frequenz bekannt. Es ist daher die Gleichung mathematisch jeweils so umzuformen, daß gegebenenfalls verschiedene gesuchte Größen errechnet werden können. Die Umkehrungen der Taylorsehen Formel lauten für die wichtigsten Anwendungsgebiete:
1f€/2$ mm
flVre mm

F=f212.d27r.e inN

Zwischen den beiden Auflagepunkten (Schwingungsknoten) im Klavier, kann die Saite als Ganzes schwingen. Die Saite schwingt zudem noch in anderen Tönen gleichzeititg > sogenannte Obertöne. Mit kleinen Papierreitern kann das sichtbar gemacht werden. An den Knotenpunkten bleiben sie sitzen, während der jeweilige »Bauch« seinen Reiter abwirft. Diese Erkenntnisse über die Sehwingungsknoten sind wichtig für die akustische Anlage von Klavieren: im Hinblick auf den richtigen Anschlagspunkt des Hammers an die Saite ebenso wie auf die Gesamteinrichtung des Bezuges und der Stege, die sogenannte Mensur. Auch heute nochist eine gute Mensur nicht allein mit einer Formel für verschiedene Komponenten im Draht, am Steg oder dem Resonanzboden erstellt. Das Zusammenwirken vieler Faktoren bewirkt den »guten Ton«. Auch bei Neukonstruktionen muß viel probiert und versucht werden ( Tabelle 3/1).

Im wesentlichen wird die Mensur durch die Auflagepunkte (Druckstab/Sattel, Agraffen und Stege) festgelegt . Um eine Saite eine Oktave tiefer schwingen zulassen muß sie also doppelt so lang sein. Damit würden Flügel und Klavier zu Ungetümen anwachsen. Deshalb wird auch mit der Spannung oder der Dicke der Saite die Tonhöhen modifiziert.
Der höchste Ton im modernen Klavier ist zur Zeit das e5. Hier hat sich aus Erfahrung eine Saitenlänge von 5,2 cm herauskristallisiert.
Siegfried Hansing hat bereits um die Jahrhundertwende mit diesem Maß gearbeitet. Ausgegangen vom e5, wobei die 5,2cm (beim e4 = 10,4cm) als »natürliche Saitenlänge« bezeichnet wird. Hansing ermittelte , daß jeweils um 1 / 16 gekürzt die »Mensurlänge« entsteht:

c5 = 5,2cm
c4 = 10,4 minus (10,4:16) = 0,65, also 9,75 cm
c3 = 19,50 minus (19,50:16) = 1,219, also 18,281 cm
c2 = 36,56 minus (36,56:16) = 2,285, also 34,275 cm usw.

Vom Kammerton mit 440 Hz kann durch Multiplikation oder Division jedes a (A) darüber oder darunter errechnet werden. Die dazwischenliegenden Töne berechnet man anhand der gleichmäßigen Temperierung. Mit dem Faktor 1,05946 wird Halbtonschritt für Halbtonschritt eine komplette Oktave (2:1) in 12 völlig gleichmäßige Abschnitte eingeteilt. Man gewinnt die Die Frequenz (Schwingungszahl) wird aus dem jeweils verhergegangenen Ton.Von diesem e5 ermittelt man die klingenden Längen des h4, b4, a4 ... e nach der Formel für die oben erwähnte geometrische Reihe:


q=n4-

(q Quotient der Reihe; n Anzahl der Halbtöne; z Länge der e-Saite; a Länge der e5-Saite).
Da es sich zwischen e und e5 um 61 Halbtöne handelt, beträgt im
Zahlenbeispiel der Quotient
61j5~ also: 64/23174 = 1,0538

Wir erhalten nunmehr die Saitenlänge des h4 5,2 . 1,0538 =

5,48 cm; b4 = 5,48~ 1,0538 = 5,77 usw.

Es wäre nicht händelbar für jede gewünschte Schwingungszahl im Flügel eine spezielle Drahtstärke einzubauen. Die Querschnitte der Stahlsaiten in Klavier und Flügel sind in Gruppen geordnet und bei den einzelnen Fabrikaten unterschiedlich. Für jeweils vier bis sechs Töne wird ein gleich dicker Stahldraht (im Baß gleichwertig mit Kupfer umsponnen) eingesetzt. Für eine gute Mensur ist auch der Anschlagpunkt des Hammers wichtig. Um den unharmonisch »pfeifenden« 7. und 9. Teilton zu eliminieren, wird als Ansehlagstelle vorzugsweise 1/7 bis 1/9 der Saitenlänge gewählt. Hier soll der Schwingungsknoten dieser Teiltöne getroffen werden, um sie zu tilgen. Dies ist ein Problem für den Klaviertechniker. Denn man muß bedenken, daß der Hammerkopf keinen eng begrenzten Punkt trifft, sondern eher " flächig" aufschlägt. eränderung der Anstrichstelle selbst bewirken.)

Schließlich sind für den Wohlklang eines Klaviers auch die Stege, Rippen und die Beschaffenheit des Resonanzbodens wichtig.

Tabelle 3/1. Testergebnisse eini-ger Mensur-Messungen an ver-schiedenen Instrumenten -angegeben sind die klingende Drahtlänge sowie die Draht-nummer, den einzelnen Tönen zugeordnet
Im höchsten Diskant legt man den Anschlagpunkt möglichst weit vom Resonanzbodensteg entfernt, um keine Klopfgeräusche zu erzeugen.