Schwingungen
Mit Energieaufwand kann man eine Klaviersaite
durch Anschlag des Hämmerchens aus ihrer Ruhelage bringen:
sie schwingt. Man kann es sehen und vor allem hören. Diesen
Maximalwert des Ausschlags der Saite nennt man Amplitude. Ihr
Wert wird größer, je stärker der Saitendraht angeschlagen
wurde; und je größer die Amplitude, desto lauter der
Ton (Bild 3/1). Die angeschlagene Saite drängt nun zunächst
die umgebende Luft vor sich her, verdichtet sie oben und danach
in umgekehrter Richtung beim Schwingen nach unten. Die Lautstärke
des
Tons wird durch die Weite der Schwingung bestimmt.Die Tonhöhe
ergibt sich indessen aus der Anzahl der Schwingungen je Sekunde.
Hohe Schwingungszahlen (Frequenzen) entsprechen hohen Tönen.
Sie werden im Klavier auf den kurzen Saiten erzeugt. Die dickeren,
langen Saiten haben kleine Schwingungszahlen und ergeben niedrige
Frequenzen. Da der Ton als rein formaler Verlauf einer Sinusschwingung
in der Musik (außer bei elektronischer) so gut wie nicht
vorkommt, nennt man das akustische Ergebnis einer angeschlagenen
Klaviersaite Klang. Es handelt sich um eine summierte Erscheinung:
Zu jedem Grundton gesellt sich eine sogenannte Obertonreihe, die
jeweils mitklingt Das menschliche Ohr integriert die Vielfalt
dieser Tonreihe in einem einzigen Eindruck. Das Lautstärkenverhältnis
der Ober-töne zueinander und auch zum Grundton kann sich
in vielfälti-ger Weise verändern. - Die Schwingungszahlen
der Obertöne sind ganzzahlige Vielfache des Grundtones. Diese
harmonischen Obertöne werden auch Teil- oder Partialtöne
genannt. Vom großen C mit angenommen 64 Hz als erstem Teilton
ausgehend, läßt sich folgende (theoretisch unendliche)
Obertonreihe auf-stellen (Bild 3/2). Diese Obertonreihe kann auch
als Verhältnis der Saitenlängen einer in ihren Teilen
schwingenden Saite (z.B. mittels Monochords) dargestellt werden.
Ihre Schrittfolge ist für alle Grund-töne gleich. Verfolgt
man die Partialtöne, so sieht man, daß die Intervalle
kleiner werden, je höher die Partialtöne liegen.Die
Frequenz jedes einzelnen Partialtones kann man errechnen. Sie
ist das Produkt seiner Ordnungszahl multipliziert mit der Schwingungszahl
des Grund-( 1. Partial-)tones. Zum Beispiel:gt ist der 6. Partialton.
Die Ordnungszahl 6 ist zu multiplizieren mit der Frequenz des
als Beispiel gewählten Grundtones C = 64; also hat g' die
Schwingungszahl 6 . 64 = 384 Hz. Nun wurde durch dieses Klangbeispiel
schon etwas vorweg-genommen: Die schwingende Saite allein ist
nämlich für ein gut hörbares Ergebnis unbrauchbar.
Ihre erzeugten Schwingungen müssen durch ein entsprechend
mitschwingendes System kraftvoll an die umgebende Luft ausgestrahlt
werden. Das Klavier verfügt mit dem hölzernen Resonanzboden über einen hervorragenden akustischen Abstrahler. Auch die
besaiteten Streich- und Zupfinstrumente, wie Geige, Gitarre, Laute
usw., sind deshalb mit einem hölzernen Korpus versehen, der
für eine bessere Weitergabe der Schwingungen an die Luft
sorgt. (Im luftleeren Raum empfängt das Ohr keinen Schall.)
Die Resonanzkörper oder -böden sind unterschiedlich
geformt, jedem aber ist die gleiche Aufgabe gestellt: Das Abstrahlen
der Schwingungen an die Umgebung.Die Menge und Intensität
mitschwingender Obertöne ist bei allen Instrumenten jeweils
verschieden (sogar bei gesungenen oder gesprochenen Vokalen).
Sie entscheiden über das Klangspektrum; während die
Klangfarbe wesentlich von Konstruktion und Bauweise des entsprechenden
Instruments abhängt. Diese beiden Faktoren sind maßgebend
für eine »Auswahl« mitklingender Obertöne.
Unser großes C bleibt bei einwandfreier Stimmung immer ein
C, es klingt jedoch auf dem Klavier anders als auf dem Gelb und
dort anders 'als auf Blas- oder gar elektronischen Instrumenten.
Der Schallüberträger Luft vermittelt also Schwingungen
unse-rem Ohr. Ein gesundes menschliches Ohr kann Frequenzen ab
16 Hz, wie sie die Orgel in der Tiefe abgibt, aufnehmen und verarbeiten.
Das entspricht etwa dem Subkontra-C. ln der Höhe endet der
Empfangsbereich etwa bei 16000 Hz. Dafür müßten
wir schon mehr als c7 bemühen. Die für uns interessanten
Töne eines 88tastigen Konzertklaviers beginnen aber erst
beim A2 und enden bestenfalls beim c5. Erweiterungen der Klaviatur,
wie sie bei einigen Fabrikaten vorkommen, erweisen sich oftmals
als nur mäßig klangfördernd und zusätzliche
Quelle für Fehler und technische Komplikationen im Instrument.