Flügelrast
Eine Säule in der akustischen Anlage eines
jeden Flügels, ist seine Rast. Es ist eine Holzkonstruktion,
die allein Träger der klangbildenden und der mechanischen
Apparaturen eines Flügels ist. Die Gestalt ist vorprogrammiert:
Links die längere Baßwand, die übergeht in die
geschwungenen Formen der Rück- und Hohlwand, bis zur Stoßwand
(Diskantwand) rechts. . Eine solide Rast ist auch für die
Kompensation der Saitenzugkräfte wichtig. Bei einer Stimmung
auf Normal-a wirken um 180 kN pro Saite. In älteren Instrumenten
ohne Metallplatte (Rahmen) mußte die Holzrast diese Saitenzugkräfte
allein bewältigen, die damals etwas geringer waren als heute.
Seit es gußeisernen Rahmen in Flügeln und Klavieren
gibt, sind die Kräfte verteilt. Die Flügelrast besteht
aus dem Zargengerippe und der Zarge (Rim). Als tragende Umfassungswand
ist die Zarge allerdings nicht so hoch wie das später umbaute
Gehäuse. Sie reicht nur bis zu dem Punkt, wo der Resonanzboden
aufliegt. Die Begrenzungen innerhalb der Rast (Querstück
oder Damm) sind nach vorn geradlinig. Diese von den Spreizen des
Zargengerippes begrenzte Stelle dient als Auflage für die
Vorderseite des Resonanzbodens. Das äußerste zum Spieler
gekehrte Stück einer Rast ist der Stimmstock. Die Herstellung
der Flügelrasten ist bei den einzelnen Fabrikaten unterschiedlich.
Bei größeren Flügeln (über 2 m Gesamtlänge)
wird nur die geschweifte Hohlwand aus mehreren Holzdicken verklebt,
während die kurze Diskant- oder Stoßwand, und vor allem
die lange Baßwand, massiv gefertigt werden. Beim Klein-
und Stutzflügel ist in der modernen Fertigung oft die gesamte
Rastzarge in all ihren geschwungenen und geraden Verläufen
aus hochwertigen Furnierlagen zusammen geleimt.. Man verwendet
dazu große Pressen, in denen die Fasson des Instruments
festliegt und verschiedenartige Zargen gebogen und verklebt werden
können. Der Altmeister Julius Blüthner beschrieb die
herkömmliche Methode: "Die Herstellung der geschweiften
Teile der Zargen geschieht gewöhnlich in der Weise, daß
man sie aus mehreren, 4, 5 und 6 Furnieren, teils Langholz und
Querholz, zusammenleimt."
Heute werden die nur 4 ... 5 mm dicken Funiere, in hierzu besondere
Formen gespannt und mit heißhärtende bzw. kalthärtende
Klebstoffe verleimt. Diese Formen sind gewöhnlich aus Holz
aber auch Metall. Die Zulagen müssen ohne Rücksicht
darauf, ob sie aus Holz oder Eisen bestehen, den genauen Umrissen
der ge-wünschten Form der Schweifungen entsprechen. Die Furniere
werden nun mit Holzzwingen oder eisernen Zwingen, welche in der
Regel an der unteren Zulage festgemacht sind, zusammengepreßt.
Nach dem Trocknen bilden diese zusammengeleimten Furniere einen
festen Holzkörper, der seine Form unter dem Einfluß
der Kräfte nicht ändert. Während die Zargen und
der Damm bis zur Höhe des Resonanzbodens gehen (je nach Beschaffenheit
der Mechanik 14 ... 17 cm ), müssen die Spreizen mindestens
3 cm gegen diese Höhe zurückstehen, damit die auf der
unteren Seite des Resonanzbodens angebrachten Rippen Platz finden
und nirgends die Spreizen berühren. Das Holz der Spreizen
muß gesund sein und vor allem gut verleimt werden. Die Stützschrauben
werden hier befestigt. Um die Spreizen zu befestigen sind sie
in die Zargen und in den Damm eingelassen.
Für den moderneren geschwungenen Flügel, verwendete
man im Laufe der weiteren Entwicklung zur Zargenfertigung keine
einzelnen Zulagen mehr, sondern einen Biegebock.
Um seine vorgebildete Form wurden die Holzlagen
mit Schraubzwingen angepreßt. Je nach Ausführung des
Instruments waren seinerzeit die Holzlagen zuvor mit Warmleim
- und bei sogenannten tropenfesten Flügeln mit wasserunlöslichem
Kaltleim - eingestrichen worden. Die derartig gebogenen Zargenwände
haben oft eine doppelte Verarbeitungshöhe. Mit der Kreissäge
aufgetrennt, ergeben sich jeweils zwei verarbeitungsfähige
Zargen (Bild 4/4).
Wie bereits erwähnt, sind diese Biegeböcke in der heutigen
Großproduktion aber längst zur Prägepresse ausgebildet.
Es gibt für Biegeteile verschiedene pneumatische oder hydraulische
Vorrichtungen. Bei einigen können die Metallwände beheizt
werden.
Unter diesen Bedingungen ist eine Zargenpressung
in etwa zwei Stunden beendet; während das zuvor von Julius
Blüthner beschriebene Verfahren ungefähr 12 Stunden
dauerte. Die Rastspreizen sind bei den einzelnen Fabrikaten unterschiedlich
angeordnet.
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Waffelförmige
Verspreizung
(Blüthner, Bösendorfer) |
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H-förmig und h-förmig-gekreuzte
Verspreizung (Bechstein, Niendorf) |
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Strahlen- und fächerartiger
Verlauf der Verbalkung (Steinway, Förster)
Mischformen werden auch angewandt
(Sternrast bei Grotrian-Stein weg |
Ein guter Rast garantiert die Festigkeit der akustischen
Anlage. Die Rastspreizen werden in unterschiedlicher Technik mit
Damm und Zarge verbunden: geknaggt, gezinkt, gedübelt. Das
so entstandene Rastgestell nimmt beim Flügel den Stuhlrahmen
auf. Er dient später als Spieltisch oder Spielladefür
die Klaviatur mit der Mechanik. Dieser Stuhlrahmen liegt an dessen
unterster Seite horizontal vor dem senkrechten Damm. Beim Flügel
ist die Rast so dimensioniert, daß genügend Festigkeit
und Platz für die drei Füße vorhanden ist. Bei
älteren Instrumenten wurden die Füße mit einer
gedrechselten Hartholzspindel in einen entsprechenden Gegenklotz
geschraubt. End verschraubt, ergab sich eine sehr stabile Fußverbindung.
Bei Instrumenten heutiger Produktion werden die Füße
mit unterschiedlich geformten Metall-Bajonetten oder Holz-Schwalben
an den Flügelkasten geklinkt. Diese Technik ist notwendig,
weil die Flügelfüße vorwiegend vierkantig gearbeitet
werden. Beim Einklinken ist die Richtung vorbestimmt, so daß
die Fußfronten gerade zum Beschauer stehen. Standfester
sind jedoch die vorwiegend balusterförmig gedrechselten Schraubfüße
der alten Baumeister .